im Gießener Anzeiger, 30. Juli 2015

Kräuter sind lecker, aber sie können auch gefährlich sein

Kräuter sind lecker, aber sie können auch gefährlich sein

NATUR Anzeiger war unterwegs mit Expertin Gabriela Heller-Skottke in Muschenheim

KREIS GIESSEN (atb). Kräuter wachsen direkt vor unserer Haustür. Sie sind nützlich, sie helfen, aber nicht jeder kennt sich mit Kräutern aus. Wir haben uns schlau gemacht. Rund 30 Interessierte fanden sich zur Kräuterwanderung mit Kräuterfrau Gabriela Heller-Skottke aus Lich auf dem Gelände der Neumühle der Familie Sauerborn in Muschenheim ein. Dieter Hartmann-Harbusch, der die Wanderung für den Naturschutzverein Muschenheim organisiert hatte, freute sich über den Erfolg. „Es kamen sogar Gäste aus Lich, Albach, Garbenteich und Pohlheim“, berichtete er begeistert.

Zur Einleitung warnte die Kräuter- und Steinefrau die Anwesenden deutlich: „Man sollte die Kräuter wirklich kennen und nicht einfach drauflos sammeln.” Denn. „Es gibt auch giftige Pflanzen, wie etwa Schierling oder den giftigen Kälberkropf. Die sollte man nicht zu sich nehmen.“

Die Gäste, die sich angetan vom Ambiente auf dem schönen Anwesen zeigten, erhielten jedoch nicht nur kräuterkundige Tipps von Heller-Skottke und Beispiele ihres Wissens. Hartmann- Harbusch gab Erläuterungen zur Neumühle, die in Selbstvermarktung Produkte wie etwa Lammfleisch, Honig oder Hühnereier im Backhausladen in Muschenheim anbietet und das Hofgut Weil, das von der Neumühle aus zu sehen ist und vor allem Weideochsen-Fleisch im Angebot hat. Außerdem machte der Naturfreund auf den Storch aufmerksam, der zur Zeit in der Gegend nistet. Besonders schön – neben der Wanderung selbst, gab es zum Abschluss schmackhafte Beispiele für die Zubereitung und Weiterverarbeitung der Pflanzen. Die Teilnehmer halfen bei der Zubereitung der Speisen. Die zufriedenen Gesichter der Gäste zeigten: Der Einsatz hatte sich offenbar gelohnt. Auf dem Speiseplan standen Süßmädellimonade, Lavendellimonade, Kräuterbutter, Kräuterquark, Kräutersuppe, Kräuterlikör und Kräuterschnaps, dazu knusprige Baguettes. Gegessen wurde an der Wetter vor der Vereinshalle der Naturschützer. Die Wanderung samt Schmaus dauerte von 10 Uhr bis 14 Uhr.

Der nächste Termin der Muschenheimer Naturschützer steht schon auf dem Plan. Für Freitag, 21. August, laden die Naturfreunde um 20 Uhr zur Fledermaus Exkursion ein. Der Eintritt ist frei. Treffpunkt ist die Vereinshalle an der Wetterbrücke. Weitere Informationen zum Thema finden sich auf der Homepage des Vereins unter www.natur-muschenheim.de.

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DIE KRÄUTERFRAU
Gabriela Heller-Skottke ist verheiratet, kommt ursprünglich aus Niederbayern und lebt seit 1980 in Lich. Die Kräuter- und Steinefrau hat ein Lädchen in der Heinrich-Neeb-Straße 12 und verkauft Produkte, die sie selbst herstellt. Bei der kräuterkundigen Oma lernte sie bereits als Kind in Niederbayern das Kräuterwissen und machte mehrere Zusatzausbildungen zu dem Thema. Unter www.kräuterfrau-lich.de erhalten Interessierte weitere Informationen.

Giersch
Der Giersch ist eine alte Heilpflanze gegen Gicht, die ihren festen Platz schon früher und auch heute noch in der Pflanzenheilkunde hat. Giersch kann man auch als tolles Würzkraut in der Küche verwenden. Dort würzt er roh Salate oder Gekochtes, wie etwa Spinat oder Quiche, die französische Mürbeteigspezialität. Dabei kann übrigens die gesamte Pflanze verwendet werden.

Nelkenwurz
Nelkenwurz hat eine gelbe Blüte. Früher wurde er als Schmerzmittel speziell für Zähne benutzt, wenn man sich die Nelke als Schmerzmittel nicht leisten konnte. Als Schmerzmittel wird die Wurzel verwendet. Außerdem ist der Nelkenwurz eine „Färberpflanze” und färbt rot. Zum Färben können die Bestandteile der gesamten Pflanze verwendet werden. Die Wurzel färbt allerdings am intensivsten.

Brennessel
Die Brennessel ist besser als ihr Ruf. Sie wirkt Blut reinigend. Man kann sie auch kochen, dann schmeckt sie etwa wie Spinat und hat eine ähnliche Konsistenz. Brennesseln werden neuerdings wieder für die Herstellung von Nesselkleidung verwendet, die bei Allergien sinnvoll sein kann. Die Fasern werden aus dem Stengel hergestellt. Eine Probe des Stoffs soll während der Veranstaltung gezeigt werden.

Beifuß
Den Beifuß legte man früher in die Schuhe, wenn man nicht mehr laufen konnte. Er soll kräftigen und stärken. Auch er sei eine Frauenheilpflanze und rege Wehen an. Zudem ist er eine Bitterstoffpflanze, die man zum Gänsebraten geben kann, damit man das Fett besser verträgt.

Gundelrebe
Die „Gundelrebe“ auch „Gundermann” genannt, werde, so die Kräuterfrau, heute für Entzündungen von Mund, Zahnfleisch und Mundschleimhaut verwendet. Doch dem Gundermann wird auch eine ganz andere Wirkung nachgesagt. Früher wurde er in der Wallpurgisnacht um das Haupt gelegt, damit man die fliegenden Hexen sehen könnte. Der Gundermann erweiterte die Sinne. Er sollte auch am 1. Mai in der Kirche helfen zu sehen, wo eine Hexe oder ein Teufel sitzt. Die Pflanze ist ein altes Würzkraut für Salat. Sie soll roh und sparsam verwendet werden, weil sie stark ist. Lachend meinte die Fachfrau, man könnte ihn auch als „Wiesenaftereight” benutzen, wenn man ihn mit Schokolade überziehen würde, weil er minzig schmeckt.

Storchenschnabel
Der lila Storchenschnabel muss stinken, riechen und duften, dann kann er geerntet werden und hat die größte Wirksamkeit. Blüten und Blätter werden gesammelt. Der Storchenschnabel soll bei einem Kinderwunsch wirksam sein, wenn die Frau nicht schwanger werden kann. Er wird als Tee genossen. Zudem wird er im Volkswissen als so genanntes „Schockkraut” genutzt. Es beruhigt Menschen, die etwas Schockierendes erlebt haben und sich noch im Schockzustand befinden. Es soll etwa wie die „Bachtinktur“ als Notfalltropfen wirken.

Frauenmantel
Vom Frauenmantel werden Blüten und Blätter benutzt. Er sei, so Heller-Skottke, eine Frauenpflanze und Schutzpflanze für die Gebärmutter. Als Volksheilmittel gehörte er früher in „Freiers Bettstroh”. Gebärende, so erklärte die Kräuterfrau, legte man damals in duftende Kräuter. Die Wirktstoffe sollten die Geburt erleichtern, damit Kind und Mutter gut genesen. Der Frauenmantel sei außerdem ein Schönheitsmittel. Der Tau, der aus den Mänteln gesammelt wird, kann als Gesichtswasser verwendet werden und soll straffend wirken.